Beispiele unfairer Attacken
Sexismus und Rassismus bei einer StadtpolizeiOliver Teutsch berichtete in der Frankfurter Rundschau am 11.11.2022 (S. F19): "In Teilen der Bad Homburger Stadtpolizei muss ein rauer Umgangston herrschen. Delia B. (Name von der Redaktion geändert) hat sich das in ihrer Dienstgruppe auf Streifenfahrten nach ihrem Arbeitsbeginn im März 2021 eine Zeit lang angehört. Ihr zufolge waren während der Fahrten durch Bad Homburg alle Formen verbaler Entgleisungen zu hören. Antisemitische ("Juden, dass es euch noch geben muss), rassistische ("den Schwarzkopf kontrollieren wir jetzt"), islamophobe ("Schokonikoläuse könnt ihr fressen, aber feiern tut ihr's nicht") oder auch sexistische, was die Kollegin mit türkischen Wurzeln am eigenen Leib erfahren habe. Genauso wie Mobbing. B. wurde von den Kollegen zu angeblichen Treffpunkten bestellt, und als sie dort alleine stand und auf der Dienststelle anrief, hörte sie im Hintergrund Gelächter. Die fast täglichen Entgleisungen und das Mobbing bei der Arbeit haben B. im wahrsten Sinne des Wortes krankgemacht. Obwohl sie lange dagegen ankämpfte. "Ich musste immer die starke Löwin sein. Ich bin auf die Toilette, habe geheult oder mich übergeben, bin raus und war wieder die starke Löwin", sagt die 29-Jährige. Von der Stadt Bad Homburg fühlt sie sich alleingelassen. Denn intern machte sie mehrfach auf die Missstände aufmerksam. Doch ihre Vorsprachen bei ihrem direkten Vorgesetzten, der Dezernatsleiterin, der Gleichstellungsbeauftragten, der Frauenbeauftragten, dem Personalrat und einer für Mobbingfragen zuständigen Mitarbeiterin blieben letztlich fruchtlos. Von männlichen Kollegen in ihrer Dienstgruppe bekam sie indes das zweifelhafte Kompliment, noch keine habe so lange durchgehalten wie sie. Da dämmerte Delia, dass womöglich "viele vor mir, viele nach mir" von einer Hetzkampagne betroffen seien, und beschloss zu handeln: "Mein Ziel ist, dass die Öffentlichkeit erfährt, was da passiert." Die 29-Jährige wandte sich an Rechtsanwalt Dirk Sommer. Der Experte für Arbeitsrecht hört und sieht sich die junge Frau an und hält sie für arbeitsunfähig: "Ich habe sie erst mal zum Arzt geschickt." Dann arbeitet sich Sommer in die Materie ein, sichtet unter anderem die handschriftlichen Notizen, die seine Mandantin von Sommer 2021 bis Mai 2022 zu unterschiedlichen Vorfällen gemacht hat und kommt zu dem Schluss: "Die Stimmung, die in der Dienstgruppe herrscht, kann man durchaus als nationalistisch bezeichnen". Bei seinen Schriftwechseln mit der Stadt Bad Homburg gewinnt er einen ähnlichen Eindruck wie seine Mandantin: "Die Stadt zeigt sich wenig bereit, etwas zu tun." Zwar habe die Stadt in ihren Schreiben letztlich auch Gespräche mit der Mandantin angeboten. Dies lehnte Sommer aber mit dem Hinweis ab, dass die 29-Jährige, die von einer Fachärztin die Arbeitsunfähigkeit attestiert bekam, zunächst wieder arbeitsfähig sein müsse, bevor sie sich Gesprächen mit dem Arbeitgeber aussetze. Darüber hinaus habe die Stadt vor allem die hohen Fehlzeiten ihrer Angestellten moniert, ohne zu klären, ob die Stadt selbst vielleicht ein Mitverschulden an diesen Fehlzeiten habe, moniert der Fachanwalt. Gegenüber der FR wollte sich die Stadt Bad Homburg mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht äußern. Jenes Verfahren gipfelt am heutigen Freitag in einer Verhandlung vor dem Arbeitsgericht in Frankfurt. Pro forma geht es dort um ein Schmerzensgeld für Delia B. Doch die 29-Jährige betont: "Ich brauche kein Schmerzensgeld. Ich will, dass die Öffentlichkeit erfährt, was da geschieht"." Üble Nachrede gegen einen Unternehmer?Jochen Falk, 39 Jahre, hat vor vier Jahren mit seinem langjährigen Freund ein Designerbüro in guter Lage eröffnet. Er hat sich bereits ein breites Netz an Kontakten aufgebaut und auch sein Freund bringt Kontakte zu früheren Auftraggebern und Kunden mit ein. Anfangs schien alles glatt zu laufen. Jochen Falk teilte sich die Geschäftsführung mit seinem Freund, sie arbeiteten Hand in Hand und konnten im Laufe der letzten Jahre ihr Team dank dreier großer Kunden auf insgesamt acht Mitarbeiter ausbauen. Vor einem Jahr heiratete Jochen Falk seine ebenfalls langjährige Freundin, die gleichzeitig Mitarbeiterin im Büro war und das Geschäft von Anfang an mit den beiden aufgebaut hatte. Seit bekannt ist, dass sie ein Kind erwartet, vermehrten sich wie aus heiterem Himmel die Konflikte in der Beziehung von Jochen Falk und seinem Freund: Dieser nahm plötzlich Anstoß daran, wie unausgewogen Falk an seine Mitarbeiter Aufgaben verteilte, monierte mangelnde Kontrolle der Arbeitsqualität und gab ihm schließlich auch die Schuld daran, dass zwei der drei großen Kunden im letzten Quartal abgesprungen waren bzw. keine Aufträge mehr an sie vergeben hatten. Er wirft Falk vor, seine Privatinteressen vor die Firmeninteressen zu stellen und nicht mehr mit gleichem Engagement wie früher für Aufträge zu werben. Als der dritte Kunde plötzlich nur noch mit Falks Freund sprechen und verhandeln will, wird Falk hellhörig. Er hört sich bei Mitarbeitern des Kunden, mit denen er jahrelang kooperiert hat, um und erfährt, dass er als nicht mehr zuverlässig und sehr belastet gilt und sehenden Auges den Ruin des Designerbüros heraufbeschwöre. Die Situation im Büro wird immer ungemütlicher für Falk, die Mitarbeiter wirken demotiviert und der Druck auf ihn durch den Freund wird zunehmend größer. Gerücht gegen einen Bereichsleiter?Holger Perl ist Bereichsleiter. Anlässlich der bevorstehenden Pensionierung eines Mitglieds des Vorstands wird ihm vom Vorstandsvorsitzenden signalisiert, dass seine Chancen für eine Berufung in den Vorstand sehr gut stünden. Perl ist in der Firma fachlich sehr anerkannt und genießt auch im Vorstand hohen Respekt. Es war ihm gelungen, in erheblichem Maße zum geschäftlichen Erfolg der Firma beizutragen. Als er an einem Montag ins Unternehmen kommt, sind die Kollegen auffallend kurz angebunden, meiden die üblichen Smalltalks. Perl denkt sich zunächst nichts dabei, bis es für ihn eindeutig ist, dass auch seine Assistentin ihm aus dem Weg geht. Als erfahrene Führungskraft lässt er solche Beobachtungen nicht auf sich beruhen. Er spricht seine Assistentin direkt auf das für ihn auffällige Verhalten an. Sie reagiert ausweichend, verweist auf die viele Arbeit. Als Holger Perl zu einem Termin mit dem Vorstand gerufen wird, eröffnet der Vorstandsvorsitzende das Gespräch mit dem Hinweis, dass in der Firma das Gerücht kursiere, er sei in Korruption verwickelt. Perl ist geschockt. Nichts hatte er sich zuschulden kommen lassen. Da fällt ihm ein, dass er einem ehemaligen Kollegen vor ca. 6 Monaten eine Summe in Höhe von € 50.000,- geliehen hatte. Dieser hatte ihn bedrängt, ihm aus einem finanziellem Engpass heraus zu helfen: Der Kollege war arbeitslos geworden und Perl wusste, dass dessen Frau an Krebs erkrankt war und sie beide drei Kinder im schulpflichtigen Alter hatten. Da er den Exkollegen lange kannte, spielte für ihn die Tatsache, dass dieser bei einem Mitbewerber tätig war, keine Rolle. Sollte das etwa in einem Zusammenhang mit den Vorwürfen stehen? Perl ist fassungslos und verwirrt zugleich. Der Vorstand bedauert, dass es sich möglicherweise eine Verkettung von Missverständnissen handeln mag, die sich sicher aufklären ließen. Er wisse zwar aus anderen Zusammenhängen, dass der besagte ehemalige Kollege nie arbeitslos geworden sei; weshalb dieser Perl gegenüber etwas anderes behauptet habe, wisse er nicht. Aber er bitte um Verständnis, dass angesichts der Beschuldigungen erst einmal eine Aufklärung herbei zu führen sei und daher trotz seiner Verdienste von einer Beförderung in den Vorstand erst einmal abgesehen werden müsse. Perl geht in sein Arbeitszimmer und ist fassungslos. Er wendet sich an die Fairness-Hotline. Sabotage gegen eine Freiberuflerin?Elke Brühl ist freiberuflich als Coach und Beraterin überaus erfolgreich tätig. Auch bietet sie vereinzelt Seminare an, unter anderem zu den Themen ‚Starke Frauen im Business’ und ‚Möglichkeiten der Familienförderung in Unternehmen’. Sie hat einige Stammkunden und es gibt einzelne Frauen, die sie immer wieder aufsuchen und sich in frauenspezifischen Entwicklungsphasen von Elke Brühl begleiten lassen. Zu ihren Auftraggebern, die Elke Brühl seit Jahren für interne Veranstaltungen buchen, zählt eine Modefirma, die auf Frauenmode spezialisiert ist und ausschließlich Frauen beschäftigt. Elke Brühl steht im dort vorhandenen Seminarraum ein PC zur Verfügung, den sie mit einem Zugangscode für Präsentationen, Ausarbeitungen oder Trainingseinheiten nutzen kann. An einem Mittwochmorgen kommt sie vor Beginn des anberaumten Seminars an diesen Platz und stellt fest, dass ihr Zugangscode gesperrt ist. Auf dem Nebentisch liegt ihr Paket mit Unterlagen für das Seminar. Elke Brühl hatte es im Vorfeld zustellen lassen. Jetzt bemerkt sie, dass es geöffnet worden war und ein Viertel der Unterlagen fehlten, der Rest war durcheinander gebracht. Elke Brühl bekommt Panik, denn in 60 Minuten würden die Teilnehmerinnen auf sie warten. Überrascht stellt sie fest, dass zu allem Überfluss neuerdings auch die Tür zum Kopierraum verschlossen ist. Verzweifelt ruft sie die Chefsekretärin an, doch die weiß nichts von einem Seminartermin. Es seien ihres Wissens keine Einladungen herausgeschickt worden. Die Chefin habe den Termin vor 14 Tagen auf unbestimmte Zeit verschoben. Nervös verlässt Elke Brühl das Gebäude. Von diesem Tage an erlebt sie eine Spirale der Destruktion: Kundinnen aus dem Umfeld des Modehauses sagen kurzfristig Coachingtermine ab. Sie erhält eine Nachricht von zwei Teilnehmerinnen, die offenbar doch zum Seminar erschienen waren und sich empörten, dass sie nicht rechtzeitig über den Ausfall informiert worden seien. Elke Brühl ist völlig verunsichert. Sie versucht verzweifelt, die Chefin des Modehauses zu erreichen, um zu verstehen, was vorgeht. Sie kämpft mit Versagensängsten, die sie bisher nicht gekannt hat. Als zwei weitere Seminare in anderen Häusern kurzfristig abgesagt werden, beginnt Elke Brühl an sich selbst zu zweifeln. Sie wird unkonzentriert. Das fällt sogar ihren Mandantinnen auf, die sich schließlich nicht mehr aufmerksam genug begleitet fühlen und den Beratungsprozess erst einmal abbrechen wollen. Ihre Belastbarkeit habe stark abgenommen, sie wirke überfordert. Die Geschichte mit dem Modehaus sei wohl eine Ausrede gewesen, um davon abzulenken. Elke Brühl hat das Gefühl, als ziehe ihr jemand den Teppich unter den Füßen weg. Sie sitzt zu Hause, unfähig, sich um einen neuen Auftrag zu kümmern. Sie wendet sich an die Fairness-Hotline. Psychoterror gegen eine Freiberuflerin? Daniela Henkel ist feste Freie bei einem großen Zeitungsverlag und arbeitet für mehrere Publikationen, die in dem Verlag erscheinen. Sie hat einen guten Draht zum zuständigen Chefredakteur und bekommt interessante Aufträge, die häufig auch mit intensiven Recherchen verbunden sind. An einem Samstag bekommt sie einen anonymen Anruf, durch den sie auf eine Web-Site im Internet hingewiesen wird. Auf der Web-Seite sieht sie ihr Gesicht merkwürdig entfremdet dargestellt und computertechnisch auf fremde Körper aufgesetzt, die in anzüglichen Posen abgebildet sind. Daniela Henkel ist entsetzt. Ohnmacht und Hilflosigkeit überfallen sie. Sie kann sich diese Situation überhaupt nicht erklären. Angst und Panik mischen sich mit Wut und Tränen der Verzweiflung. Ihre Freundin besucht sie am Abend. Sie spürt das Ausmaß der Verletzung und Erniedrigung. Beide besprechen die Situation. Die Freundin kann trösten und stärken. Doch auch sie ist ratlos, was ihre Freundin gegen diesen Angriff auf ihre Persönlichkeit tun kann. Henkel bangt um ihren guten Ruf in der Medienbranche. Sie hat einen konkreten Verdacht: Vermutlich steckt jemand dahinter, gegen den sie in letzter Zeit wegen Untreue und Betrug recherchiert hat. Sie überlegt mit ihrer Freundin, anwaltlich vorzugehen, doch hat sie keinerlei Beweise, die ihren Verdacht erhärten könnten. Daniela Henkel ist bedrückt. Sie hat Angst, dass sie Opfer von Psychoterror werden könnte. Sie wendet sich an die Fairness-Hotline. Schikane gegen eine kirchliche Angestellte? Roswitha Holm ist Leiterin eines katholischen Kindergartens. In ihrer Region bieten sich für sie nur wenige berufliche Alternativen im nahen Umfeld. Es gibt keinen kommunalen oder anderen freien Träger. Roswitha Holm stellt einige Aspekte und Lehren der katholischen Kirche kritisch in Frage. Trotzdem hält sie es immer noch für sinn- und wertvoll, innerhalb der Kirche zu arbeiten. Als sie erfährt, dass sie von ihrem Freund schwanger ist, will sie das Kind behalten und glaubt fest, im Sinne der kirchlichen Moral zu handeln. Der Freund trennt sich von ihr. Sie geht in Mutterschutz und glaubt, ihr Muttersein mit ihrer Arbeit gut vereinbaren und voll für sich und das Kind aufkommen zu können. Als sie an ihren Arbeitsplatz zurückkehrt, verhält sich ihr Umfeld ungewohnt eigenartig: Der Gemeindepfarrer des Kindergartens bestellt sie ein, der Pfarrgemeinderatsvorsitzende führt eine lange Unterredung mit ihr, ein Vertreter des Caritasverbandes wird vorstellig, die Kirchgänger beginnen, sie zu schneiden. Tenor: Man sei davon ausgegangen, sie werde nach der Geburt des Kindes und dem Empfang des Erziehungsgeldes auf die Rückkehr zum Arbeitsplatz verzichten. Schließlich entspreche es unter anderem nicht den kirchlichen Moralvorstellungen, ein uneheliches Kind zu Welt zu bringen. Man habe gewartet, um ihr nicht die günstigen staatlichen Bedingungen zu nehmen, aber jetzt wolle man sich nicht weiter gedulden. Entweder legalisiere sie das Kind durch Heirat oder sie solle sich einen anderen Arbeitsplatz suchen. Die Leute nähmen Anstoß. Roswitha Benjamin wird wütend angesichts der Doppelmoral und des unfairen Verhaltens ihr gegenüber. Sie traut sich nicht, eine Beratungsstelle in ihrem Umkreis aufzusuchen: alles gehört letztlich zum selben kirchlichen Träger. Sie ruft in der Fairness-Hotline an. Klaus Baum hat sich vor Jahren mit einem Fitness-Studio selbständig gemacht. Aus dem Studio ist ein Franchise-Unternehmen mit über 80 Studios in mehreren Städten Deutschlands geworden. Die Resonanz ist enorm. Aufgrund seines Erfolgs investiert Baum in eine zweite Unternehmung, aufgebaut ebenfalls als Franchise-Struktur, im Bereich Ernährung und Wellness. Da findet Baum eines Tages eine Drohung in seiner Post, er müsse sich auf das Schlimmste gefasst machen, wenn er weiterhin die Fun-Sekte (Name frei erfunden!) durch den Aufbau von Tarnstrukturen unterstütze. Baum hält dies zunächst für einen üblen Scherz. Nie hatte er etwas mit einer Sekte zu tun gehabt. Auch hatte er keine besondere religiöse Neigung. Schon gar nicht war er der Typ, der sich instrumentalisieren oder funktionalisieren ließ. Acht Wochen später meldet sein Controlling für den letzten Monat stagnierende und rückläufige Besucherzahlen der Studios. Klaus Baum wird stutzig angesichts des Erfolgs der letzten Monate. Er denkt sich aber nichts weiter dabei. Seine vorläufige Konsequenz: Er will etwas mehr Marketing betreiben. Doch plötzlich erhält Baum an einem Tag von drei seiner Franchisepartner eine Email. Sie teilen ihm darin übereinstimmend mit, in der Branche und teilweise auch öffentlich kursiere das Gerücht, er engagiere sich für die Fun-Sekte und leite teilweise Gewinne aus den Studios dorthin. Bei der IHK sei bereits eine Beschwerde eingegangen. Klaus Baum ist entsetzt. Was geht da vor? Wie soll er sich jetzt angesichts dieser absurden Geschichte verhalten? Was kann er tun, um sich vor negativen Folgen dieser ungerechtfertigten Beschuldigungen zu schützen? Er wendet sich an die Fairness-Hotline. Unfairness gegen Chefsekretärin Gerlinde Kahn ist mit Leib und Seele Sekretärin und hat es in einer Frankfurter Bank bis zur Chefsekretärin gebracht. Der Blick aus dem 30. Stockwerk entschädigt für manche Entbehrungen: unbezahlte Überstunden, unnahbare Vorstandsmitglieder, plötzlich anberaumte Dienstreisen und ein kaum vorhandenes Privatleben. Ein Vertreter der Personalabteilung lobt sie öffentlich als "hervorragende Mitarbeiterin" und "Seele der Abteilung". Unvermittelt wird sie im Anschluss daran von ihm zur Seite genommen und gefragt, ob sie in Zukunft nicht ein bisschen kürzer treten wolle. Gerlinde Kahn jedoch will arbeiten. Dieser Wunsch wird ihr schrittweise vereitelt: Das Vorstandsmitglied, dem sie über 10 Jahre zugeordnet war, scheidet mit einer hohen Abfindung aus den Diensten des Unternehmens aus und sechs Wochen später verliert Frau Kahn ihr Einzelzimmer und findet sich in einem Großraumbüro wieder, das sie mit fünf wesentlich jüngeren Kolleginnen teilen muss. Die Versetzung, die sie und andere als Degradierung ansehen, erfolgt nach Auskunft der Personalabteilung aus Gründen der "allgemeinen betrieblichen Reorganisation". Bei einer erneuten Anfrage wird Gerlinde Kahn die Kündigung nahe gelegt. Eine selbstverständlich nicht ganz so hohe Abfindung schlägt Gerlinde Kahn nicht nur aus Enttäuschung und Wut heraus aus: Auch für fünfzigjährige Top-Sekretärinnen bietet der Arbeitsmarkt keine allzu großen alternativen Berufseinstiege. Daher kündigt Gerlinde Kahn nicht. Stattdessen beantwortet sie die andauernde Kränkung und das stetig erhöhte Arbeitspensum mit eiserner Disziplin und verlässt das Büro nicht selten erst nach Einbruch der Dunkelheit. Gerlinde Kahn schläft wenig und weint viel. Der Schlafmangel hinterlässt Spuren, die ihrem Abteilungsleiter nicht verborgen bleiben. Schließlich will er wissen, ob sie unter Alkoholproblemen leidet. Das Kündigungsangebot wird erneuert und abgelehnt. Nach der Weihnachtspause spricht der Vorgesetzte sie erneut an, dieses Mal Hygienefragen betreffend. In der darauf folgenden Nacht bricht sie zusammen, wird auf Veranlassung der Nachbarn notärztlich versorgt und wendet sich zwei Wochen später zur therapeutischen Orientierung an eine der Frankfurter Beratungsstellen. Um sich hinsichtlich ihres Verhaltens am Arbeitsplatz und die für sie strategisch richtigen Schritte zu beraten, wendet sie sich an die Fairness-Hotline. Unfairness zwischen Unternehmen Reifenpannen und sich überschlagende Autos. Firestone und Ford schieben sich den "Moralpeter" zu von Andrea Auth Die geschäftsführenden Vorstände von Ford Motor und Bridgestone/Firestone treffen sich in Neshville. Auslöser für das Treffen waren zahlreiche Reifenpannen und sich überschlagende Ford Explorers gewesen. Vermutete Unfallursache: Fehler in der Reifenproduktion bei den von Firestone hergestellten Wilderness AT Reifen. 6,5 Millionen verwendete Firestone Reifen wurden bereits vom Markt genommen. Zum Zeitpunkt des Treffens waren allerdings - trotz erheblicher Zweifel an der Sicherheit dieser Reifen - immer noch hinreichend viele Fahrzeuge damit auf den Straßen unterwegs. John T. Lampe, Vorstandmitglied bei Firestone, überreichte den Fordvertretern ein Papier über die 95 Jahre alte Geschäftsverbindung mit Ford. Die Fordmanager reagierten einen Tag später mit der Ankündigung, 13 Millionen Firestonereifen austauschen zu wollen, da kein Vertrauen in Firestonereifen mehr bestehe. Firestone hingegen forderte Ford dazu auf, nach Fehlern bei den Fahrzeugen zu schauen. Ford verweigerte jedoch die Fehlerprüfung bei seinen Fahrzeugen, so die Aussage einer Firestone-Specherin. Mit welch einer Art von Kommunikation zum eigentlichen Problem - lebensgefährliche Ford Explorers und Ford Trucks auf öffentlichen Straßen - Ursache noch unklar - haben wir es hier eigentlich zu tun? Faktisch wird hier Verantwortung hin und her geschoben und keiner der beteiligten Parteien packt die Angelegenheit wirklich bei der Wurzel, nämlich der Fehlersuche, an. Von rechtlicher Seite ist es wohl so, dass ein Hersteller ein Zulieferprodukt vom Markt nehmen muss, sobald der Verdacht von Mängeln besteht und das Problem gefunden wurde. Dies muss auch einer Jury gegenüber überzeugend dargelegt werden. Liegt hier der Grund für die Zuschiebetaktik und für die Nichtaufklärung? Soviel steht fest: Mit der Verzögerung bei der Fehlerklärung wurden in diesem Fall nicht nur die Autokäufer geschädigt, sondern beide Firmen, Firestone und auch Ford, haben sich selbst einen erheblichen Image- und Vertrauensschaden zugefügt. Vertrauen bei dem Kunden kann nur dann entstehen, wenn die beteiligten Firmen an der Schadensbeseitigung interessiert sind und nicht in gegenseitigen verbalen Beschuldigungen stecken bleiben. Warum die Topmanager von Ford und Firestone so Image schädigend, irrational und unsachlich in diesem Fall agiert haben, ist unverständlich und wohl eher eine psychologische als eine ökonomische Frage. Die weiter reichende Frage, die der Fall Ford/Firestone aufwirft, ist allerdings: Wie regelt man eine Situation angemessen, wenn die Zusammenarbeit von Unternehmen angesichts eines auftretenden Problems scheitert, obgleich beide an der Herstellung des Produktes beteiligt waren? Die Firmen müssen sich zur Ursachenklärung verpflichten. Können sich die Beteiligten nicht fair mit dem Problem auseinandersetzen, so ist das Einbeziehen eines neutralen Sachverständigen sinnvoll. Entsprechend des festgestellten Versäumnisses muss/müssen dann der oder die Verantwortlichen für die Fehler einstehen. Geschieht dies nicht auf freiwilliger Vertragsbasis, müsste ein Gesetz sie dazu verpflichten. Denn nur dies bringt klare Verhältnisse in die Konfliktsituation und Sicherheit für die Verbraucher. (Die Informationen wurden dem Artikel in der New York Times vom 17.06.01 von Jeffrey L. Seglin entnommen) |
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