Internationales Fairness-Forum 2010sponsored by Verlag für die Deutsche Wirtschaft AG
Dr. Copray führte wie folgt in das Fairness-Forum ein: „10 Jahre Fairness-Stiftung. Das verlangt nach einem grundsätzlichen Thema im Rahmen des Fairness-Forums. 10 Jahre Fairness-Stiftung – das sind 10 Jahre Pionierarbeit, Fairness, Fairness-Kompetenz, Fairness-Qualität, Fairness-Praxis und Fairness-Ethos als Themen in Gesellschaft, Wirtschaft, Politik und Kultur zu positionieren und vorwärts zu bringen. 10 Jahre Fairness-Stiftung: das sind gute und magere Jahre, Jahre des intensiven Zuspruchs einerseits und der Gleichgültigkeit andererseits, das sind Jahre des Kopfschüttelns, weil die Fairness-Stiftung aussehe wie Don Quichotte im Kampf mit Windmühlenflügeln. Nur dass Unfairness, unfaire Attacken, unfaire Praktiken und unfaire Praxis keine Windmühlenflügel sind, sondern oftmals harter, verletzender Alltag für Menschen, für Mitarbeiter, für Verantwortungsträger, Beschädigungen wertvoller Ressourcen, von Beziehungen und Organisationen. Wie knapp 17.000 Beratungen der Fairness-Stiftung in 10 Jahren und unser Beratungsalltag Tag für Tag zeigen. Auch zeigen, dass Fairness ein Thema ist, dass Fairness gebraucht wird, vor allem wenn es darum geht, mit Fairness professionell umzugehen. Aber, meine Damen und Herren, ist so eine Gesellschaft denkbar, die in wichtigen Fragen und Situationen, wenn es drauf ankommt, zusammenhält? Ist so ein Unternehmen denkbar, dass Krisen und Probleme gut bewältigt, gute Leute an sich bindet und Kunden langfristig überzeugt? Ist so eine Politik denkbar, die für eine freie Willensbildung, einen respektvollen Diskurs und ein gewinnendes Ergebnis sorgt? Braucht es nicht vielmehr Fairness im Grundsatz und in der Anstrengung in jedem Bereich unserer Gesellschaft? Ist denn unsere Gesellschaft und unser sozialer Rechtsstaat überhaupt ohne Fairness denkbar? Und wenn ja, in welcher Weise, mit welchen Folgen? Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, zu unsrem 10jährigen einen hochkarätigen Kenner, eine überzeugende Persönlichkeit und eine Koryphäe deutscher Rechtslehre und Rechtsprechung als Festredner zu diesem Thema mit Antworten auf diese Fragen gewonnen zu haben. Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier war bis Mai diesen Jahres Präsident des Deutschen Bundesverfassungsgerichts in Karlsruhe, davor ab 1998 dessen Vizepräsident und Vorsitzender des 1.Senats. Er hat einen Lehrstuhl für Deutsches und Bayerisches Staats- und Verwaltungsrecht sowie Öffentliches Sozialrecht an der Luwig-Maximilian-Universität in München (LMU) inne. Seine Forschungsschwerpunkte liegen vornehmlich im Bereich der Grundrechtsdogmatik, des öffentlichen Finanzrechts, der verfassungsrechtlichen Bezüge des Sozialrechts, des allgemeinen Verwaltungsrechts, des öffentlichen Wirtschafts-, Planungs-, Technik- und Umweltrechts sowie des Staatshaftungsrechts. Diese Themenfelder stehen wie auch aktuelle Vorgänge in einem nicht unwesentlichen Bezug zur Fairness“.
Fairness und Rechtsstaat 1. Zunächst möchte ich aber auf einen Bereich hinweisen, in dem die Verknüpfung von Fairness und einer – speziellen – rechtsstaatlichen Verbürgung besonders augenfällig und dominant ist. Ich meine die im Grundgesetz, aber vor allem auch in der Europäischen Menschenrechtskonvention und in der seit Kurzem rechtsverbindlichen Charta der Grundrechte der Europäischen Union verbürgten justiziellen Rechte der Bürger. Sowohl die Europäische Menschenrechtskonvention (EMKR) im Art. 6 als auch die Grundrechtecharta der Europäischen Union in Art. 47 sprechen sogar ausdrücklich von einem Grund- oder Menschenrecht auf ein faires Verfahren vor Gericht. Auch ohne ausdrückliche Erwähnung des Begriffs Fairness gilt dieses Recht auch nach Maßgabe des Grundgesetzes, und zwar als Bestandteil des allgemeinen rechtsstaatlichen Justizgewähranspruchs.
Denn dem grundgesetzlichen Rechtsstaatsprinzip ist nach der ständigen Rechsprechung des Bundesverfassungsgerichts der allgemeine Justizgewähranspruch als umfassende verfassungsrechtliche Garantie wirkungsvollen und fairen Rechtsschutzes immanent. Dazu gehören etwa der Rechtsschutz durch staatliche Gerichte – gewissermaßen als Ausgleich für das Gewaltmonopol des Staates und das Selbsthilfeverbot gegenüber dem Bürger - , ferner der Gerichtsschutz in angemessener Zeit, die tatsächliche Durchsetzbarkeit gerichtlicher Entscheidungen, der Anspruch auf rechtliches Gehör vor Gericht sowie die konstitutionelle Zusage, dass Personen, die nicht über ausreichende eigene Mittel verfügen, Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, soweit diese Hilfe erforderlich ist, um den Zugang zu den Gerichten wirksam zu gewährleisten. 2. Dies sind hier nur beispielhaft erwähnte Ausprägungen des verfassungsrechtlich, vor allem grund- und menschenrechtlich verbürgten Rechts auf Fairness, bezogen auf die justiziellen Rechte des Bürgers. Die Tragweite eines Fairnessgebotes ist aber angesichts der fundamentalen Verfassungsprinzipien des Rechts- und Sozialstaats sehr viel größer. Es geht dabei um den angemessenen und „fairen“ Ausgleich zwischen den beiden Grundwerten unserer Verfassung, nämlich zwischen Freiheit und Gleichheit, also um die Verwirklichung der Idee eines Sozialstaats auf freiheitlicher Grundlage“. Im Anschluss seiner mit großer Zustimmung aufgenommenen Rede befassten sich Prof . Götz W. Werner, Prof. Dr. Gertrud Höhler, Prof. Dr. Ernst Fehr, Vorstandssprecher Günther Cramer (SMA), Prof. Dr. Tania Singer und Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier mit wichtigen Aspekten seiner Rede und des Themas des Fairness-Forums. Zentral wurden die Fragen nach „altruistischem Strafen“, nach den „institutionellen Rahmenbedingungen, die die Fairness-Motivation von Menschen erhalten und zum Zuge kommen lassen“ sowie nach „reziproker Fairness“. Aspekte, die Dr. Copray in seinem neuen Buch „Fairness“ ausführlich behandelt hat. Viele Gäste erlebten das Podiumsgespräch als sehr spannend und aufschlussreich. Anschließend wurden einige Publikumsfragen aufgenommen und von den Podiumsteilnehmern beantwortet.
In seinem Schlusswort dankte Dr. Copray Prof. Dr. Hans-Jürgen Papier für seine Festrede, den Teilnehmern am Podium für ihr Engagement und ihre Beiträge sowie den Gästen für das aktive Zuhören. Außerdem sagte er: „Ich möchte Sie alle einladen, die Entwicklung von Fairness-Bewusstsein und von Fairness-Kompetenz zu Ihrer Sache zu machen. Wir haben hoffentlich heute alle erneut erkannt, wie wichtig das ist. Es reicht nicht aus, fair sein zu wollen. In anspruchsvollen Kontexten muss man auch wissen und können, wie man Fairness realisiert und umsetzt. Dabei hilft die Fairness-Stiftung. Daher braucht es Verantwortliche in Unternehmen und Organisationen, die das Thema mit uns aufgreifen, sich nicht scheuen, professionelle Fairness-Kompetenz in ihrem Unternehmen zu fordern und zu fördern und dazu unsere Leistungen in Anspruch nehmen“.
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