Buchtipps
Lebendig bleibt, wer Schwierigkeiten meistert
Stichwort
Lebenskrisen
Persönliche Krisen sind unvermeidlich. Wer uns weis machen will, von
Krisen verschont zu sein oder mit ihnen spielend fertig zu werden, den werden
wir kaum jemals als weisen Menschen antreffen können. Krisen sind hilfreich,
wenn sie bewältigt werden können. Dazu will vor allem Verena Kasts
Buch "Lebenskrisen werden Lebenschancen" beitragen. Sie macht auf
die notwendige "Entängstigung" in Krisen und das Sammeln von
Kompetenzen aufmerksam, was durch andere hilfreiche Menschen möglich
wird. Wichtig ist es auch, die eigene Krisenkompetenz zu entdecken, die sich
meist schon in vorangegangen Lebenserfahrungen gezeigt hat. Sie erlaubt es,
neue Ressourcen zur Bewältigung der Krise zu entdecken, wie es Kast beispielhaft
für das Klimakterium der Frau, für Trennungsprozesse und für
den Umgang mit Sterbenden aufzeigt.
Jochen Jülicher hat mit seinem Buch "Ich lerne wieder neu zu leben"
eine sehr einfühlsame "Begleitung in der Krise" verfasst. Er
knüpft an Gefühlen von Menschen in kritischen Situationen an, schlägt
Übungen in der "Krisenarbeit" vor und führt so Betroffene
zu einer neuen Stabilität im. Ähnlich liest sich das Buch von Regina
Leisner "An Krisen reifen" aus buddhistischer Sicht mit Erklärungen
und meditativen Übungen. Es ist den emotionalen und spirituellen Aspekten
schwieriger Lebenssituationen gewidmet. Leisner verdeutlicht, dass sich das
Durchstehen der Krisen nicht abkürzen lässt, mit keinen Tricks und
Therapien. Wenn der innere Druck etwas nachgelassen hat, ist Zeit zur Besinnung
und zum ersten Kraft schöpfen. Dazu gibt sie sehr gute Hinweise. Aus
der Sicht christlicher Spiritualität befassen sich Anselm Grün und
Maria-M. Robben mit Krisen unter dem Titel "Gescheitert? Deine Chance!".
Sie betrachten das Scheitern in Ehe, Lebensentwurf, Ordensgemeinschaft und
Priesterberuf. Sie weisen auf wichtige Vorgänge, bevorzugt auch auf die
christliche Erlaubnis des Scheiterns und Neuanfangs hin, was für viele
Betroffene mit rigidem Gottesbild eine wertvolle Hilfe sein kann. "Psychische
Krisen als Chance nutzen" empfiehlt Josef Zehentbauer mit seinem Buch
"Abenteuer Seele", das in Teilen eine Generalabrechnung mit einer
einseitig naturwissenschaftlich und psychiatrisch geprägten Sicht von
Krisen und Störungen ist. Der international erfahrene Arzt und Psychotherapeut
entwirft in kreativem Schreibstil eine ganzheitliche Sicht von vermeintlicher
psychischer Störung und von Krise, in der "der lebenslange Prozess
des Geborenwerdens" eine zentrale Rolle spielt.
Vielen Krisen sind Beziehungskrisen. Wo Trennung angesagt ist, entstehen
oft heftige Reaktionen, die Rainer Rehberger in "Verlassenheitspanik und
Trennungsangst" mit psychoanalytischem Blick auf Bindungsverlangen und
Angstneurosen meisterhaft für Fachleute wie kundige Laien darstellt.
Populärer bringt Gerhard Engelsberger in "Wenn Ehen sterben"
die notwendigen Krisenphasen nahe und verbindet sie mit christlichem Gedankengut.
Bisweilen sind Fachleute in Krisen erforderlich. Krisen können Persönlichkeitsstörungen
zu Tage fördern, die für die Betroffenen selbst riskant werden.
Für Fachleute haben Thomas Bronisch und andere die "Krisenintervention
bei Persönlichkeitsstörungen" wie etwa Suizidalität, Selbstschädigung
und Angst geschrieben, wobei neuere Praxiserfahrungen aufgearbeitet und damit
Kollegen zur Verfügung gestellt werden. Nicht selten lassen sich Krisen
besser bewältigen, wenn sich Ziele bestimmen oder verändern lassen,
die zu erreichen sich für die Betroffenen lohnt. Zugleich können
Krisen aber auch wichtige, tragende Ziele in Frage stellen. Wie "zum
Ziel kommen trotz Krisen" ist das Thema des Buches "LebensZiele"
von Judith Sixel. Entscheidend ist, so zeigt sie, dass wir auf ein Ziel hin
unterwegs bleiben. Das Ziel zu erreichen, ist erst in zweiter Linie wichtig.
Wer lebendig bleibt, überwindet Krisen und findet meist neue Ziele,
die sich lohnen. Und lebendig bleibt, wer Schwierigkeiten meistert.
Dr. Norbert Copray
Rezensierte Bücher:
Thomas Bronisch u.a.: Krisenintervention bei Persönlichkeitsstörungen.
Pfeiffer bei Klett-Cotta. LL 137. 217 Seiten.
Gerhard Engelsberger: Wenn Ehen sterben. Kreuz. 124 Seiten.
Anselm Grün/Maria-M. Robbben: Gescheitert? Deine Chance! Vier
Türme. 168 Seiten.
Jochen Jülicher: Ich lerne wieder neu zu leben. Echter. 120 Seiten.
Verena Kast: Lebenskrisen werden Lebenschancen. Herder/Spektrum. 189
Seiten.
Regine Leisner: An Krisen reifen. Theseus. 256 Seiten.
Rainer Rehberger: Verlassenheitspanik und Trennungsangst. Pfeiffer
bei Klett-Cotta. LL 128. 273 Seiten.
Josef Zehentbauer: Abenteuer Seele. Walter. 280 Seiten.
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