Buchtipps
Kooperation statt Konflikt
Es wäre ein fataler Irrtum zu glauben,
nur in kirchlichen Milieus gäbe es Konfliktverleugnung und -vermeidung.
Unter dem aktuellen ökonomischen Druck haben sich auch in etlichen Firmen
viele oberflächlich funktionierende Arbeitsbeziehungen in ein explosives
Gemisch aus Konfliktvermeidung und Konkurrenzverschärfung verwandelt.
Zur Konfliktfähigkeit und Konfliktbewältigung trägt von vornherein
bei, wenn Konflikte frühzeitig wahrgenommen, ehrlich eingestanden und
eindeutig bearbeitet werden. Das geht nicht ohne Eingeständnis von Aggressivität,
Konkurrenz, widersprüchlichen Bedürfnisse und Interessen der Beteiligten.
Dafür schärft der Psychologieprofessor Jörg Fengler in seinem
Buch „Konkurrenz und Kooperation“ den Blick. Er liefert Diagnose-
und Verständnishilfen für das Konkurrenz- und Kooperationspotential
verschiedener Gruppen in Privat- und Arbeitsleben. Er zeigt konstruktiv auf,
wie Konkurrenz mit Blick auf Kooperation gestaltet und wie mit Kooperationsverweigerung
umgegangen werden kann. In die gleiche Richtung führt das Buch „Konflikte
und Aggressionen im Betrieb“ des Pädagogen Paul Gamber, das bei
starkem Gebrauch der Transaktionsanalyse mehr auf Arbeitsbeziehungen eingeht.
Für den Bereich von Institutionen und Firmen empfiehlt sich auch Ulrike
Brommers „Konfliktmanagement statt Unternehmenskrise“, die als
Trainerin ebenfalls auf Transaktionsanalyse zurückgreift. Einen eigenartigen
Ansatz wählen Albert Bernstein und Sydney Rozen in „Kooperation
statt Konflikt“. Der Titel führt etwas in die Irre, denn die Autoren
betreiben durch Anekdoten, Glossen, Analysen und Regellisten eine gründliche
Aufklärung über den Schein der Verständigung in Firmen und
Institutionen, um die tatsächlich wirksamen Botschaften, Strukturen
und Einstellungen aufzuzeigen und den Menschen realitätsgerechte, kooperative
Verhaltensweisen beizubringen, die unnötige und sinnlose Konflikte vermeiden.
Für den Fall, daß Konflikte festgefahren und nur noch durch Verhandlungen
gelöst werden können, bieten William Ury und sein Coautoren im
Buch „Konfliktmanagement“ Lösungskonzepte und am Beispiel
der Kohleindustrie eine durchdachte Erfahrung an. Demgegenüber ist das
Buch des Philosophen und Gruppendynamikers Gerhard Schwarz „Konfliktmanagement“ umfassender
und gründlicher. Es bietet sechs Grundmodelle der Konfliktlösung
an, die vorbildlich im Kontext verschiedener Konfliktarten erläutert
werden. Das Buch hat den Charakter eines Standardwerkes, das für seine
zweite Auflage überarbeitet und erweitert wurde. Als Arbeitsheft dazu
empfiehlt sich das „Training Script“ „Konflikte konstruktiv
lösen“ von Herbert S. Kindler, das mit Checklisten, Fragebögen, Übungen
und einer praktischen Anleitung zur Konfliktanalyse zur Stärkung der
Konfliktkompetenz und zur aktuellen Bewältigung eines Konflikts zwischen
Kollegen und Kolleginnen genutzt werden kann.
Der Psychiater Tom Rusk hat mit dem Fachjournalisten D. Patrick Miller in
ihrem Buch „Partnerschaft statt Konflikt“ ein Modell der „Ethical
Persuasion“ entwickelt, was soviel bedeutet wie Anleitung zur Gesprächsführung
nach ethischen Grundsätzen. Diese ethischen Grundsätze tragen wichtigen
psychologischen Einsichten und der Menschenkenntnis Rechnung, legen Wert
auf eine realistische Sicht, die die Notwendigkeit von Konflikten und ihre
Bewältigung einzuschätzen weiß. Daß jeder Mensch in
einer für ihn gültigen einzigartigen persönlichen Erfahrungswelt
lebt, in gewissem Sinne unsicher und verletzlich ist und daher im Vorfeld
von Konflikten oft aggressiv zur Selbstverteidigung agiert und reagiert,
sind Schwierigkeiten, die ebenso beachtet werden sollten wie starke Gefühle,
die jeden Menschen umtreiben und für ihn Fakten darstellen. Kommunikationssituationen
enthalten oft ein Ungleichgewicht der Macht, aber selten wir dieser Sachverhalt
mitbesprochen. Auf diese Ansichten und die Kraft der Werte stützt sich
Rusk, wenn er sieben Schritte entwickelt, mit denen die Sichtweise des Gesprächspartners
erkundet wird, um sich auf sie in den Argumenten und Verschlägen beziehen
zu können. Sehr präzise und hilfreich zeigt Rusk dies auch an Beispielen,
die Freunde, Liebende und Ehepartner ebenso betreffen wie Chefs, Manager
und Mitarbeiter, aber auch Eltern und Kinder sowie den Umgang mit schwierigen
Menschen. Wie der eigene Standpunkt überzeugend erklärt und gemeinsame
Lösungen gefunden werden können, legt Rusk verbunden mit einem
für sein Konzept gewinnenden Ton dar, dem sich kaum jemand entziehen
dürfte. So hat er ein Kernstück einer nützlichen und sinnvollen
Konfliktvermeidungs- und bewältigungspraxis vorgestellt, die nicht mit
Verleugung, sondern mit umfassenderer Wahrnehmung arbeitet. Ein empfehlenswertes
Buch, das Führungskräfte kommunikativ erfolgreicher und Partner
partnerschaftlicher macht.
Dr. Norbert Copray
Rezensierte Bücher:
Albert Bernstein/Sydney Rozen:
Kooperation statt Konflikt.
Orell Füssli. 269 Seiten
Ulrike Brommer:
Konfliktmanagement statt Unternehmenskrise.
Orell Füssli. 222 Seiten
Jörg Fengler:
Konkurrenz und Kooperation
in Gruppe, Team und Partnerschaft.
Pfeiffer. LL 108. 272 Seiten
Paul Gamber:
Konflikte und Aggressionen im Betrieb.
mvg. 188 Seiten
Herbert S. Kindler:
Konflikte konstruktiv lösen.
Ueberreuter. 99 Seiten
Tom Rusk/D. Patrick Miller:
Partnerschaft statt Konflikt.
Wie man den anderen respektiert und zu gemeinsamen Lösungen findet.
Knaur 84077, 271 Seiten
Gerhard Schwarz:
Konfliktmanagement.
Gabler. 327 Seiten.
William Ury u.a.:
Konfliktmanagement.
Heyne/Campus 2017
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