Aus der Urteilsübersicht:
Erst die Kritik, dann Abmahnung oder Versetzung
Immer wieder kommt es vor, dass Abmahnungen, Versetzungen oder Kündigungen vorgenommen werden, ohne dass mit der betreffenden Person ein kritisches und klärendes Gespräch stattgefunden hat. Liegt eine Fehlleistung oder ein Fehlverhalten vor, muss der Mitarbeiter in einer konstruktiven Weise darüber eine Rückmeldung erhalten, so dass er seine Leistung verbessern und sein Verhalten korrigieren kann. Kündigungen ohne vorhergehende Abmahnungen werden nur in extrem seltenen Fällen seitens der Arbeitsgerichte akzeptiert. Noch enger setzen Gerichte die Kriterien, wenn es um Versetzungen geht. Vor einer Vorsetzung oder einer Abmahnung kommt die Ermahnung, also das konstruktiv geführte Kritikgespräch bzw. die orientierende Kritik.
So hat beispielsweise ein Arbeitgeber - in diesem Fall ein Chemiekalienhersteller - einen Arbeitnehmer von Frankfurt nach Hamburg versetzt. Die Versetzung wurde damit begründet, dass der betroffene Verkaufsleiter seine Mitarbeiter nicht richtig habe motivieren können. In Hamburg hätte er nur noch einen Mitarbeiter gehabt. Der Verkaufsleiter hielt in seiner Klage den Standortwechsel seiner 48 Jahren für unzumutbar. Wie das Gericht heraus fand, hatte es die Unternehmensleitung versäumt, den Verkaufsleiter rechtzeitig vor der Versetzung über die kritischen Punkte zu verständigen. Fehlerhafte Arbeitsleistungen rechtfertigen nach Ansicht des Gerichts nicht automatisch die Versetzung des Arbeitnehmers. Eine derart einschneidende Maßnahme wie die Versetzung über mehrere hundert Kilometer hinweg lasse sich nicht ohne vorausgegangene Ermahnung pauschal mit Leistungsmängeln begründen, so das Frankfurter Arbeitsgericht in seiner Urteilsbegründung.
9 Ca 5855/02
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