Aus der Urteilsübersicht:
Verzehr von Bienenstich führt zur Kündigung
Aus diesem Urteil geht folgender Leitsatz hervor:
„Auch die rechtswidrige und schuldhafte Entwendung einer im Eigentum des Arbeitgebers stehenden Sache von geringem Wert durch den Arbeitnehmer ist an sich geeignet, einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung abzugeben. Ob ein solches Verhalten ausreicht, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen, hängt von der unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls vorzunehmenden Interessenabwägung ab (Bestätigung des Senatsurteils vom 24. März 1958 - 2 AZR 587/55 = AP Nr 5 zu § 626 BGB Verdacht strafbarer Handlung).“
In dritter Instanz befassten sich die Richter des Bundesarbeitsgerichts Kassel mit der Kündigung einer Kuchenverkäuferin. Diese hatte während ihrer Arbeitszeit ein Stück Bienenstich aus der Auslage genommen und dieses, ohne es vorher zu bezahlen, gegessen. Daraufhin wurde sie durch ihren Arbeitgeber gekündigt.
Vor Gericht rechtfertigte die Klägerin ihr Handeln damit, dass sie wegen Unwohlsein an diesem Tag noch nichts gegessen hatte und mit dem Stückchen den größten Hunger stillen wollte. Zwar war ihr bekannt, dass das Verzehren unbezahlter Ware durch den Arbeitgeber verboten war, allerdings verurteilte sie dessen weit reichende Reaktion.
Die erste Instanz wies ihre Kündigungsschutzklage zurück, allerdings verwandelte sie die außerordentliche Kündigung in eine fristlose. Die zweite Instanz hob hervor, dass sie bei der Klägerin ein Unrechtbewusstsein vermisse. Sie bestätigte außer-dem das Handeln der Beklagten, wonach auch ein einmaliger Vorfall dieser Art mit geringfügiger Schädigung des Arbeitgebers auch ohne eindringliche Abmahnung eine Kündigung rechtfertige. Weiterhin wandelte diese Instanz die fristlose in eine fristgerechte Kündigung und bot an, das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung aufzuheben. Gegen diese Entscheidung legten beide Parteien vor dem Bundesarbeitsgericht Kassel Revision ein.
Das Bundesarbeitsgericht Kasel wies die Entscheidung der vorherigen Instanz zu-rück und bestätigte die fristgerechte Kündigung. Bei ihrer Entscheidung beriefen sich die Richter auf ein Urteil von 1958. Hier war eine Kassiererin aufgrund des Ver-dachts, 1,- DM weniger gebont und aus der Kasse entwendet zu haben, gekündigt worden. Bereits in diesem Urteil hatte das Bundesarbeitsgericht entschieden, dass ein solches Verhalten einen wichtigen Kündigungsgrund darstelle.
Abschließend stellten die Richter fest, dass lediglich eine nachvollziehbare Darstel-lung des Arbeitnehmers, wonach er sein Verhalten nicht als vertragswidrig empfinde, eine mildere Reaktion durch den Arbeitgeber rechtfertige. Dies könne der Fall sein, wenn Regelungen oder Anweisungen unklar seien.
2 AZR 3/83
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